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KONVERSATIONEN # 2

Wir dokumentieren im Folgenden eine Unterhaltung zwischen Max, Mitglied unserer Leipziger Ortsgruppe, und einem Follower.

Hi, ernstgemeinte Frage: Was ist für euch die Aufgabe einer sozialistischen Partei im Kapitalismus und warum ist DIE LINKE für euch keine soz. Partei?

Max



Hey, danke für die Nachricht! Wir haben keine ausgearbeitete Position als Gruppe zu solchen Fragen (weil wir denken, dass das (noch?) nicht notwendig ist) – deswegen: Hier schreibt Max von der KSP. Ich denke, eine sozialistische Partei im Kapitalismus hat zwei Hauptaufgaben: Einerseits müsste sie ein Instrument sein, durch das sich die Leute, die den Laden alltäglich am Laufen halten (die Mitglieder der „Arbeiterklasse“, die „Proletarier“,…) selbst Stück für Stück in die Lage bringen, die politische Macht übernehmen zu können – dafür braucht es Organisationen, in denen man lernt, aus der Vereinzelung und erlernten Hilflosigkeit herauszukommen, Verantwortung für
sich und andere zu übernehmen und über einen längeren Zeitraum diszipliniert an einer Sache zusammenzuarbeiten. Wir versuchen, beispielhaft solche Selbstorganisationen aufzubauen. Und andererseits müsste die Partei an jeder Stelle zeigen, dass diese Machtübernahme notwendig ist, dass es ohne diese Machtübernahme (und die dadurch ermöglichte Veränderung der Gesellschaft zum Sozialismus) immer so weiter gehen wird, wie es jetzt gerade läuft.

Die Partei wäre nicht dafür da, über Appelle und Druck auf die Regierung bestimmte Policies durchzusetzen (wie die Linkspartei es tut), sondern sie würde auch den Bundestag und die Landesparlamente nur nutzen, um zu zeigen, dass der ganze Politikbetrieb ins Leere geht und unfähig ist und bleiben muss, kapitalistische Probleme wirklich zu bewältigen.

Schon durch diese Kombination: Einerseits Aufbau von Organisationen, die jeden Lebensbereich der überwiegenden Mehrheit der Menschen umfassen und andererseits totale politische Negation und Kompromisslosigkeit (wie ihn übrigens auch die ganz frühe SPD praktiziert hatte) würde eine starke sozialistische Partei die politische Landkarte komplett über den Haufen werfen. Meiner Ansicht nach war die Linkspartei nie wirklich darauf aus (geschweige denn fähig dazu), diese Aufgabe anzugehen. Sie war von Anfang an in das politische System der BRD integriert und statt nachhaltig über Jahre Selbstorganisationen aufzubauen ist ihre Praxis (übrigens wie bei der SPD und den Grünen) eine Mischung aus Protestaktivismus und Stimmenfang, die nach jeder Wahl wieder verpufft.

Hi Max, ist die sozialistische Partei für euch eine reformistische Kraft oder eine revolutionäre? Ich kann’s mir schon denken, nur weil diese Begriffe bei euch nicht zu finden sind, frage ich nach.
Ebenfalls was ist für euch das Verhältnis zwischen Partei und Klasse? Also wieso braucht es eine Partei und nicht „einfach nur“ ausreichend viele und programmatisch zusammengebundene aber erstmal autonome Gruppen und Strukturen die basisdemokratisch verfasst sind?

Max

Naja ich würde sagen, die Partei zielt einerseits auf die Revolution ab und wird andererseits durch ihre Organisationen und das alltägliche Ringen um konkrete Verbesserungen (der kollektive Einsatz
der Mieter gegen Mieterhöhungen oder für bessere Wohnqualität, der Einsatz von Beschäftigten für mehr Lohn etc.) an rechtliche und politische Grenzen stoßen (z.B. was das Miet- oder Streikrecht
angeht). Um dieses Ringen weitertreiben zu können müssen diese Grenzen evtl. durch politische und rechtliche Reformen ausgeweitet werden – aber durch kollektiven Druck von unten und nicht durch Absprachen und Kompromisse im Bundestag.

Die rechtlichen Grundlagen und die erwirkten Reformen werden aber in der Realität immer von der Macht der Vermieter, Arbeitgeber etc. unterlaufen werden – die Partei hätte deshalb gleichzeitig die
Aufgabe, zu zeigen, dass eine grundlegende Veränderung der Lage allein durch Reformen eine Illusion ist. Generell braucht es die Partei (und nicht nur autonome Gruppen), weil sie, ganz
klassisch gesagt, die „Vermittlung von Ziel und Bewegung“ ist – also sie müsste so etwas sein wie eine verbindende Plattform, über die die an den unterschiedlichen Kämpfen Beteiligten darüber reflektieren können, wie die alltägliche Praxis, die sie betreiben, mit der politischen Überwindung des Status Quo und dem Kampf um den Sozialismus in Verbindung gebracht werden kann – also welche Schritte dafür notwendig sind, die einzelnen Struggles und aufgebauten Institutionen über sich hinauszutreiben.

Die Partei müsste dafür der Ort sein, an dem sich praktische und politische Erfahrungen ansammeln kann und einen Raum bieten, um die Praxis kollektiv und diszipliniert auf der Grundlage dieser Erfahrungen zu kritisieren und zu verhindern, dass die Alltagspraxis zum unpolitischen Selbstzweck wird.

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